02 – Buttlarstraße (Fulda anders)

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Zwischen Ziegelfabrik und Krüppelheim

Die Buttlarstraße und ihre militärische Vergangenheit

Innerhalb der letzten 100 Jahre hat sich die Bebauung im Bereich der nördlichen Buttlarstraße mehrmals geändert. Privatbaumeister Karl Wegener (* 1846 –  † 1914) stellte auf dem Gelände zwischen Buttlarstraße, Gerloser Weg und den Bahngleisen Ziegelsteine her. (s. kleines Foto) Von ihm stammen mehrere Fuldaer Gebäude, z.B. die ehemalige Polizeiwache in der Sturmiusstraße und etliche Wohngebäude am Frauenberg. Er gehörte zu den ersten 17 Fuldaer Betrieben, die 1894 einen Telefonanschluss erhielten. Bis zum Jahr 1900 konnte man aber zunächst nur stadtintern telefonieren. Die Buttlarstraße diente auch als Zufahrtsstraße  für das dort 1912 eröffnete „Krüppelheim der Barmherzigen Brüder“  (heute: Herz-Jesu-Krankenhaus). Fürstabt Konstantin von Buttlar wurde 1679 in Fulda geboren und starb 1726 im Eichenzeller Schlößchen. Als Nachfolger von Fürstabt Adalbert von Schleifras führte er dessen begonnene Bauten fort. Das Stadtschloss wurde um den westlichen Ehrenhofflügel erweitert und die zur Tränke führende Waides ließ er im Schlossgartenbereich überwölben. Unter ihm entstanden die Orangerie und das Propsteigebäude auf dem Michaelsberg sowie die Baufertigstellung von Schloss Bieberstein. Die in jüngster Zeit in diesem Areal angelegte Boyneburgstraße wurde nach dem 1667 geborenen Wolf Daniel von Boyneburg benannt, der Anfang des 18. Jahrhunderts Buttlars Beamter als Geheimer Rat und Oberamtmann  von Stadt Fulda und Zent Fulda war. Für die Namensgebung des Gerloser Wegs gibt es keine genauen Angaben. Die in Richtung des Naherholungsgebiets um das Gerloser Häuschen bei Niesig führende Straße könnte auf eine alte Flurbezeichnung deuten. In der Zeit der Nationalsozialisten entstand eine „Verpflegungsanlage auf dem Gelände Ecke Buttlar- und Rudolf – Jordan Straße“ (Erläuterungsbericht der Heeresneubauleitung Fulda vom 2. Februar 1937 – Quelle: Stadtarchiv Fulda).  Im Rahmen der Entnazifizierung erhielt die nach dem am 21. 6. 1902 in Großenlüder geborenen NSDAP-Gauleiter Rudolf Jordan benannte Straße wieder ihren ursprünglichen Namen Gerloser Weg. Jordan war Gauleiter von Halle-Merseburg.

 Die für das Heeresverpflegungsamt an der Buttlarstraße geplante Heeresbäckerei mit Gleisanschluss („2 Kornspeicher, 3 Rauhfutterscheunen, Gebäude für Geräte und Heupresse, Dienstgebäude und Wohlfahrtsgebäude“ Quelle: Erläuterungsbericht . s.o) wurden nach einem in Nazideutschland oft verwendeten Baumuster errichtet und hatten über Jahrzehnte Bestand. In den beiden Kornspeichern konnten mit einem ausgeklügelten Trocknungssystem jeweils ca. 4000  Tonnen Getreide gelagert werden. Es diente zur Herstellung von Kommissbrot in der Heeresbäckerei. Die Silos wurden in Nord-Süd Richtung gebaut, um die in unseren Breiten natürliche Luftzirkulation durch die 96 Fenster in Ost-West-Richtung für die Trocknung des Getreides zu nutzen. Ohne Bombentreffer prägten sie noch bis zur Sprengung des letzten Depotgebäudes am 15. Februar 2001 das Bild dieses Viertels.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurden das Gelände an der Buttlarstraße von den in Fulda stationierten US-Streitkräften als Depot und für Verwaltungsaufgaben genutzt (Engineer-Area). Dazu gehörten u.a. :Wohnungsamt, Möbellager, Lebensmittellager, Fahrbereitschaft und Militärpolizei. Das zuletzt in Fulda stationierte 11. US-Panzeraufklärungsregiment (Black Horse) mit 3000 Soldaten wurde am 7. Okt. 1993 außer Dienst gestellt. Ein Jahr später, am 1. Sept. 1994, wurde auch die Verwaltungsstelle im Army-Depot an der Buttlarstraße geschlossen. Das ehemalige Bundesvermögensamt (seit 2005  Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) trat für den im Grundbuch eingetragenen Besitzer Bundesrepublik Deutschland als Verkäufer der Gebäude und Grundstücke auf. Die ersten beiden Gebäude rechts neben der Einfahrt vom Gerloser Weg (ein Verwaltungsgebäude und eine Halle) wurden 1997 an den Landkreis Fulda zur Einrichtung einer Kfz-Zulassungsstelle veräußert. In dieser Zeit siedelte sich an der Boyneburgstraße auch ein Edeka-Markt an, der 2006 um einen Getränkemarkt ergänzt wurde.  Am 12. Januar 2011 zog die Verwaltung des Herz-Jesu-Krankenhauses in das neu errichtete Zentrum Vital ein. In dem gegenüber dem Krankenhausgebäude liegenden Gesundheitszentrum findet man u.a. Einrichtungen der Malteser, eine Radiologen-Praxis, die Ärztliche Laborgemeinschaft Fulda und den Betriebsärztlichen Dienst. Das St. Lioba Seniorenzentrum an der Boyneburgstraße 1 wurde am 19. 9. 2011 eingeweiht. Sein vorheriger Standort war in der Liobastraße, die in der Nähe der Winfriedschule von der Leipziger Straße abzweigt. Nach fast 75-jähriger militärischer Nutzung ist in diesem Areal der Wandel zur friedlichen Nutzung vollzogen.

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Buttlarstraße // Fulda Anders – Teil 02