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Airfield Sickels, bestausgestatteter Flugplatz Deutschlands
Vom Hubschrauberlandeplatz des Kalten Krieges zur Fulda Galerie
Sowohl den Gegnern als auch den Befürwortern eines Zivilflugplatzes Sickels muss die Einschätzung der Flugplatzqualität förmlich die Sprache verschlagen haben. Sie steht in einem Gutachten der Wiesbadener Gesellschaft für Forschung Planung Entwicklung mbH (HLT) welches nach dem Abzug der Amerikaner von der Stadt Fulda zur Erstellung von Nutzungskonzepten in Auftrag gegeben worden war. Bei der Bestandserfassung des Airfield Sickels wird festgestellt, dass „sich der Flugplatz in einem ausgezeichneten Zustand befindet“ und bei einer zivilen Weiternutzung „vermutlich einer der bestausgestatteten Flugplätze in der Bundesrepublik Deutschland ist“. Gottseidank kommen die Experten im weiteren Verlauf des Gutachtens bei der Bewertung der Nutzungsalternativen zu dem Schluss, dass u.a. betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte einer Flugnutzung entgegenstehen. Auch der Lärmteppich, den die Flugzeuge bei der notwendigen Platzrunde über die Südstadt legen würden, wird ausführlich dokumentiert. Die Entwicklung zur Siedlungsfläche wird vorgeschlagen. Dem sind die Stadtväter gefolgt und haben den neuen Stadtteil Fulda Galerie entwickelt, der in seiner letzten Ausbaustufe ca. 2500 Menschen auf rund 500 Grundstücken eine neue Heimat bietet. Sie leben auf der 65 ha großen Fläche zwischen den Stadtteilen Sickels und Neuenberg, auf der zum Anfang des 20. Jahrhunderts bereits militärische Übungen stattfanden und ab und zu auch Segelflieger starteten. Zum Ende des 2. Weltkriegs beschlagnahmten die Amerikaner diese der Stadt Fulda gehörende Fläche für den Aufbau eines Flugplatzes. Zur ersten Ausstattung gehörten Park- und Landeflächen aus Lochblechen. Wie auf dem Foto (1964) vor dem Hintergrund des Schulzenbergs zu sehen, wurden zur Überwachung der Grenze aus der Luft anfangs neben Hubschraubern auch Leichtflugzeuge des Herstellers Cessna , genannt Bird Dog, eingesetzt. Später entstanden neben der rund 671 m langen Landebahn auch 70 000 qm Betonflächen, die bis zu 20 cm dick waren. Bei genauer Betrachtung der Landebahnbeschriftungen von 1987 und 2003 stellt man fest, dass die Bezeichnungen von 9/27 auf 8/26 geändert wurden. Da der für die Fliegerei wichtige magnetische Nordpol seine Position ständig verändert und pro Jahr ca. 50 km von Kanada Richtung Russland wandert, war diese Neuorientierung für den Flugverkehr notwendig. Dem Airfield Sickels kam wegen seiner unmittelbaren Nähe zum Eisernen Vorhang stets ganz besondere Bedeutung zu. Man vermutete, dass der Gegner die nur rund 20 km entfernte Zonengrenze als Ausgangspunkt bei Beginn eines neuen Krieges wählen würde. Hier war der Weg zu dem strategisch wichtigen Rhein-Main-Gebiet am kürzesten. Seit Ende der 1970er gab es in Sickels ein Anflugradar mit Flughafen-Rundsichtradar (ASR) und ein Präzisionsanflugradar (PAR). Zum Schluss waren 73 Hubschrauber stationiert, davon 26 Kampfhubschrauber „Cobra“, 27 Aufklärungshubschrauber, 17 Transporthubschrauber und drei EH-60C-Hubschrauber als fliegende Kommando- und Führungsplattformen. Gottseidank kam es von Sickels aus zu keinem erwähnenswerten militärischen Flug-Einsatz. Erinnern kann man als ziviles Ereignis an die Landung von Neil Armstrong in Sickels, dem ersten Mensch auf dem Mond, der hier am 8. August 1970 , nur ein Jahr nach seiner Mondlandung, eingeflogen wurde, um zur Wasserkuppe zu fahren. Wer heute Reste des ehemaligen Flugplatzes sucht, findet symbolhaft nur noch den ehemaligen Tower mit der benachbarten Flughafenfeuerwehr. Die übrigen Gebäude wurden entweder abgerissen oder einer anderen Nutzung zugeführt. Als Oberbürgermeister Gerhard Möller Ende 2010 die eigens gegründete Projektgesellschaft auflöst und aus steuerlichen Gründen in die Stadtverwaltung integriert, berichtet er zurecht stolz, dass es gelungen ist, innerhalb von 10 Jahren einen ganzen Stadtteil mit Schule, Kindergarten und notwendiger Infrastruktur aus dem Boden zu stampfen. Die Menschen leben hier mit einer traumhaft galerieartigen Aussicht auf die Stadt und das Panorama des Rhöngebirges.
Fotos:
Rudolf Karpe
Dieter Lenzen
www.cold-war.de
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