09 – Emaillierwerk (Fulda anders)

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Kochtöpfe, Puhlschöpfer und Nachttöpfe aus Stahlhelmen

Vom größten Industriebetrieb Fuldas zum modernen Fachmarktzentrum Emaillierwerk

Als nach dem Zweiten Weltkrieg alles in Schutt und Asche lag, gab es auch großen Material- und Rohstoffmangel. Die Fuldaer Emaillierwerke A.G. des F.C. Bellinger erhielten für die ideenreichen Umwandlungen von Stahlhelmen in Gebrauchsgüter deutschlandweit Anerkennung. Am 3.6.1946 wurde den Fuldaern für ihre besondere Form der Rüstungskonversion ein Filmbeitrag gewidmet. Der Filmausschnitt zeigt ab die Produktion der damals wieder auf 500 Mitarbeiter angewachsenen Fabrik an der Petersberger Straße. Mit ihren Stanz- und Formwerkzeugen wandelten sie gebrauchte Stahlhelme in Küchengeräte um, die mit dem besonderen Verfahren der Emaillierung säurefest gemacht wurden. In den Haushalten war der emaillierte Nachttopf Standard und die Landwirte nutzten für das manuelle Leerschöpfen von Jauchegruben sog. Puhlschöpfer – all das waren einmal Stahlhelme gewesen.

Als Gründungsjahr des Betriebs wird die Übergabe der Witwe Bellinger an Sohn Franz Carl im Jahr 1867 genannt. Seine neue Herstellung von emaillierten Haushaltswaren für einen Massenmarkt brachte dem Betrieb den Durchbruch. Zusammen mit Schwager Carl Sell wurde die Produktion enorm ausgebaut und 1914 gab es über 1000 Werktätige. Die schon im alten Ägypten bekannte Technik des Aufschmelzens von Silikaten und Oxiden auf Metalle erfuhr im 19. Jahrhundert zur Herstellung einer Schutzfunktion für Gebrauchsgegenstände neue Bedeutung. Im Kriegsjahr 1942 verkündet eine Betriebsfestschrift zum 75-jährigen Bestehen, dass „Fuldaer Emaille die Welt erobert hat“. In der Tat bot die Emaillebeschichtung eine fast unverwüstliche Oberfläche, wenn nicht das Abplatzen der Beschichtung durch mechanische Einflüsse gewesen wäre. Das mag wohl auch in 1980 zum Betriebsende geführt haben als der Siegeszug der Kunststoffe den Markt endgültig erobert hatte. Es folgten Nutzungen als Reifenlager eines Logistikers und neben einem Baumarkt gab es Lebensmittel. Erneut ins Blickfeld der Fuldaer geriet das an der Bahnlinie Fulda – Frankfurt liegende Gelände als am 23. 4. 2010 der Spatenstich zum Bau eines Fachmarktzentrums mit rund 18.000 m² Mietfläche für Handel, Gastronomie und Dienstleistung erfolgte. Im Oktober 2012 verkündete Geschäftsführer Peter Henkelmann die Eröffnung seines Mediamarkts in der Nachbarschaft mit weiteren 3000 qm Verkaufsfläche. Auch dadurch erhöhte sich die Besucherfrequenz spürbar. Oftmals sind die 650 Parkplätze von Kunden voll belegt, da mit der Erschließung des Geländes (2013) eine Straßenspange (Ostumfahrung) von der Künzeller Straße über die Petersberger Straße in Richtung Bahnhof erfolgte. Wer heute einen Blick auf das Konterfei von Franz Carl Bellinger werfen will, findet ihn z.B. auf einem Bierhumpen in den ausgezeichneten Ausstellungen des Vonderaumuseums, den der Besitzer der Fuldaer Stanz- und Emaillierwerke F.C. Bellinger zum 25-jährigen Geschäftsjubiläum am 1. Juli 1892 der Stadt Fulda stiftete.

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Emaillierwerk // Fulda Anders – Teil 09